Die Sichtbarkeit der Sterne außerhalb des immer sichtbaren Kreises um den Himmelspol ändert sich stark während des Jahres. Einige Sterne stehen stets mit der Sonne am Taghimmel und gehen mit ihr unter. Die Sterne in einigem Abstand von der Sonne sind in der Dämmerung am Abend oder am Morgen gerade noch (oder schon) erkennbar. Während die Sonne auf der Ekliptik durch den Tierkreis wandert, wechseln die Sternbilder, die mit ihr am Taghimmel oder an den Rändern der Nacht – in den Dämmerungen – sichtbar sind. Die Sonne wandert (scheinbar) von West nach Ost, so dass die Sterne, die sie freigibt, in der Morgendämmerung erscheinen – man nennt das “heliakisch aufgehen” oder Morgenerst. Die Sterne, die als nächstes mit der Sonne am Taghimmel stehen werden, sind in der Abenddämmerung sichtbar: Abendletzt.
Weil die Sterne verschiedene Helligkeiten haben, muss der Himmelshintergrund unterschiedlich dunkel sein, damit das menschliche Auge des Sterns gewahr werden kann. Zusätzlich zu den verschiedenen Dämmerungsgraden (und natürlich dem Wetter bzw. Licht- und Luftverschmutzung) entscheidet auch die Fähigkeit des individuellen Auges über den Termin, an dem ein Stern für einen Menschen sichtbar bzw. unsichtbar wird.
Bedeutung: Die Termine um das “Verschwinden” und “Auftauchen” der hellsten Sterne sind einer der ältesten Zugänge zur Bestimmung von Kalendern, Festlegung der Jahreszeiten und landläufigen Regeln für Ackerbau, Seefahrt und anderer witterungsabhängiger Tätigkeiten früher menschlicher Kulturen. Beginn und Ende der Sichtbarkeit, die Sichtbarkeitsgrenzen, sind daher wichtige Markierungen im Jahreslauf mit sehr praktischer Bedeutung. Berühmt ist z.B. die Bedeutung des heliakischen Aufgang des Sirius in Ägypten und Mesopotamien oder die Bestimmung der Seefahrt-Saison durch die antiken Griechen mit den Sternen der Plejaden und Capella.
Wenn (professionelle) Wissenschaftshistoriker die Termine für heliakische Auf- und Untergänge „berechnen“, dann handelt es sich in der Regel um Abschätzungen, weil auch in formale Berechnungen jede Menge Faustregeln, Annahmen und geschickt geratene Parameter eingehen. Es müsste eigentlich einmal eine Feldstudie unternommen werden – viele verschiedene Menschen (mit unterschiedlichen Augenqualitäten, Beobachtungserfahrungen etc.) unter vielen verschiedenen Wetter- und Klimabedingungen… sollten mit freiem Auge (also einfachsten Mitteln) ehrlich einschätzen, ob sie ein Objekt sehen können oder nicht.
App: Stars Above Horizon – für iOS und Android
Im Rahmen eines Forschungsprojekts interessiert uns: Wie gut können Sie die Sterne in der Dämmerung sehen?
Bitte Mitmachen! – ein Beobachtungsaufruf
Wir möchten alle Menschen ermutigen, sich zu beteiligen und ihre Beobachtungen an uns zu melden. Dazu stellen wir eine Handy-App bereit, die sich allerdings derzeit erst in den Anfängen der Entwicklung befindet. Informatik-Studierende der Friedrich-Schiller-Universität Jena haben eine Smartphone-App „Stars Above Horizon“ entwickelt, mit der Sie ganz simpel und anonym Ihre Beobachtungen übermitteln können. Die App findet über GPS die Geoposition und speichert aktuelle Messwerte der nächstgelegenen Wetterstationen – sie speichert aber keine persönlichen Daten von Ihnen. Sie brauchen nur auf der angezeigten Sternkarte markieren, welche der Sterne Sie gerade sehen können.
Gespeichert wird Ort, Datum und Uhrzeit der Sichtung.
Egal ist uns, warum Sie etwas nicht sehen oder wer etwas sieht – uns geht es nur um eine allgemeine statistische Erhebung.
Bitte: Es geht hier nicht um einen Wettbewerb: Bitte laden Sie nur Daten hoch, die Sie auch wirklich beobachtet haben.
ACHTUNG: Es handelt sich um eine Alpha-Version der App, d.h. sie ist noch stark in der Entwicklungsphase – kann z.B. noch keine Planeten anzeigen und andere Kleinigkeiten. Zudem kann die App derzeit nur benutzt werden, wenn man sich schon ein bisschen am Himmel auskennt, denn die Karte wird noch nicht automatisch ausgerichtet. Deswegen wenden wir uns an Sie: Wenn Sie diesen Almanach lesen, haben Sie sicher das nötige Wissen, hier beizutragen: Vielen Dank!